Vorlesekunst braucht Talent und Training
Ein erfolgreiches Jahr 2020 für das „Team Rheinbach“ beim Vorlesen: Der 12-jährige Silas Worm wurde bester Vorleser im Regierungsbezirk Köln und stellte sich dem Wettbewerb mit den besten Vorlesern aus ganz NRW.
Rückblick auf einen heißen Nachmittag Anfang August 2020: Silas Worm, Schüler der Jahrgangsstufe 7 des Sankt-Joseph-Gymnasiums, hat Regina Münch in seinem Garten zu Besuch. Die Stellvertretende Leiterin des WDR-Sprechensembles, mittlerweile mit „WDR-Stimmwerk“ betitelt, ist eine absolute Könnerin ihres Fachs. Ihre Kunst und Profession ist es, Texte mit ihrer Stimme lebendig werden zu lassen. Neben dem Sprechen von Moderationen, Nachrichten, dokumentarischen Features und Trailern ist sie vor allem auf ihrem „Haussender“ WDR 5 auch immer wieder als Vorleserin von Literatur zu hören. Nun bereitet sie den talentierten Wormersdorfer auf den Bezirksentscheid vor. Dass diese Runde des Bundesweiten Vorlesewettbewerbs überhaupt ausgetragen werden kann, ist für Silas ein unverhofftes Glück. Im Frühjahr drohte das Szenario, der traditionsreiche Wettbewerb, einst u.a. von Erich Kästner mit ins Leben gerufen wurde, werde erstmals nicht zu Ende geführt. Nun durfte der souveräne Kreissieger zwar nicht live auftreten, eigentlich eine besondere Stärke von ihm, zumindest aber ein ca. drei Minuten langes Video einreichen mit einer Textstelle seiner Wahl.
Gemeinsam mit weiteren Rheinbach-liest-Aktiven, wie Karl Hempel und Gerd Engel, werden Bücher gesichtet und Textstellen miteinander verglichen. Silas Wahl fällt schließlich auf „Das Mädchen Wadjda“ von Haifa Al Mansour. Die Feinarbeit mit Pausensetzung, Sprechbögen, Betonung, Modulation und Interpretation nimmt nun Münch mit Silas vor. Im Training kann der vielseitig interessierte Junge viel herausholen, saugt die Impulse der Profi-Sprecherin bereitwillig auf. Bei den Videoaufnahmen wenige Tage später hilft sein Mitschüler Leif Diedrichs von der Technik-AG der Schule mit. Nach Sichtung der Ergebnisse entschließt sich das Team zu einem weiteren ‚Drehtag‘. „Kleinigkeiten können den Unterschied ausmachen“, weiß Gerd Engel, der sich in seinem Verein seit Jahren mit um die Förderung der Rheinbacher Vorlesetalente kümmert. Die Mühen des Teams und Silas professionelle Einstellung werden belohnt. Mit diesem Wettbewerbsbeitrag wird Silas der beste Vorleser im Regierungsbezirk Köln. Kurios: Die gute aber schon einige Tage alte Nachricht muss Buchhändler Christoph Ahrweiler telefonisch beim Veranstalter einholen. Silas ist natürlich überglücklich, und an seiner Schule gibt es eine umjubelte Durchsage.
Die verspätete Information über das Weiterkommen bedeutet jedoch auch: Das neues Video für den NRW-Entscheid muss innerhalb von wenigen Tagen vorbereitet werden. Schnell fällt die Wahl auf „Vor uns das Meer“ von Alan Gratz. Auch diesmal coacht Regina Münch das Talent. Die Textstelle beschreibt eine dramatische Szene auf einem Flüchtlingsboot im Mittelmeer. „Die Kunst ist es, innerhalb der existenziellen Bedrohung, die die syrische Familie erlebt, auch Momente der Ruhe zu schaffen“, erklärt sie. Bei den Video-Aufnahmen bekommt Regina Münch Gänsehaut. Silas liest fantastisch. Es gibt vier Durchläufe und jedes Mal kann Silas sich steigern. Am Ende sind alle überzeugt: Besser geht es kaum! Entsprechend groß ist die Enttäuschung als am Abend des 5. Oktober der erhoffte Anruf aus Düsseldorf ausbleibt.
Stattdessen machte Anna Gotthardt aus Detmold das Rennen und durfte NRW beim Bundesfinale in Berlin vertreten. Der sympathische 12-jährige ist ein guter Verlierer: „Es war eine tolle Erfahrung!“, erzählt er rückblickend. „Ich habe in dieser Zeit viel gelernt, und dafür bin ich dankbar!“ In Rheinbach gibt es zum Glück immer wieder Gelegenheit für ihn, sein Können zu zeigen. Bei der musikalischen Lesung von „Die Nachtigall“ im Glasmuseum beispielsweise las er mit Deutschlandsiegerin von 2018 Victoria Schaay, Maja Niebes, Tom Warhonowicz und Karl Hempel. Und auch beim digitalen Adventskalender, der Fortsetzungsgeschichte „Das Weihnachtsmannprojekt“, ist er bei zwei Terminen dabei. Am 7. Dezember liest er mit Maja Niebes (Schulsiegerin des letzten Jahres an der Gesamtschule) und am 24. Dezember mit Rheinbachs Bürgermeister Ludger Banken.
Unser Vize Gerd Engel will das Wettbewerbs-Jahr 2020 aber nicht nur an Silas Erfolgen festmachen: „Mit Lea Nießeri vom SGR und Maja Niebes von der Gesamtschule hatten wir zwei weitere große Vorlesetalente, die sich im Kreisentscheid großartig geschlagen und toll entwickelt haben. Und die nächste Generation steht schon vor der Tür.“ Rheinbach bleibt, dank guter Nachwuchsförderung an den Schulen und dem Know-How im Netzwerk aus unserem Verein, Buchhandlungen und Büchereien, ein gutes Pflaster für die Vorlesekultur.
Wer Silas Wettbewerbsbeitrag für den NRW-Entscheid sehen möchte, findet ihn auf unserem YouTube-Kanal von Rheinbach Liest.
Die BÜCHERÜBERRASCHUNG erfolgreich zum neunten Mal gestartet
Die Schülerinnen und Schüler der Gemeinschaftsgrundschule Sürster Weg staunten nicht schlecht über ihren liebevoll gestalteten Buchadventskalender, für den die Klassenlehrerinnen und Klassenlehrer jedem Kind aus gespendeten, neuwertigen Büchern von RHEINBACH LIEST ein passendes Buch aussuchen konnten. Jetzt gilt es, jeden Tag ein Türchen zu öffnen und zu sehen, welches Buch heute den Besitzer wechselt.
Die Bücher stammen aus der Sammlung von RHEINBACH LIEST im Rahmen der Aktion „Bücherüberraschung“, mit der es uns auch in diesem Jahr unter coronabedingt erschwerten Verhältnissen wieder gelungen ist, alle Schulen und Kindertagesstätten in Rheinbach mit Büchern zu versorgen.
Mit einer Gesamtzahl von fast 1200 gut erhaltenen bis neuwertigen Büchern haben unsere ehrenamtlich arbeitenden Vereinsmitglieder die diesjährigen rund 50 Buchadventskalender für Rheinbacher Schüler und Kindergartenkindern ausgestattet.
Wir freuen uns mit diesem täglichen Ritual in der Adventszeit, das so viele Kinder in Rheinbach erleben können, starke Impulse für die Leseförderung zu geben. Ein eigenes Buch für jedes Kind, ausgewählt und hübsch verpackt von der Lehrer*in und vor den gespannten Augen der Klassenkameraden ausgepackt – das ist schon eine tolle Sache!
„Alle Einrichtungen haben wunderbare Ideen, wie die gespendeten Bücher den Weg zum richtigen Kind finden,“ so Karin Gehlen-Düring, die gemeinsam mit Sabine Post in diesem Jahr die neunte “Bücherüberraschung“ des Vereins RHEINBACH LIEST organisiert hat. „Meine anfängliche Skepsis, die benötigten Bücher nicht zusammen zu bekommen, weil unsere Hauptsammelmöglichkeiten, die Flohmärkte, weggebrochen waren, hat sich nicht bestätigt.
Wir haben dreimal so viele Sammeltermine wie sonst durchgeführt und einfach deutlich mehr in der Presse dafür geworben. Ganz besonders unterstützt hat uns die Kinderbuchhandlung Kunterbunt, in der man ab sofort auch ganzjährig Bücherspenden für uns abgeben kann.“
Aber damit nicht genug: Auch das Sortieren und Sichten der gespendeten Bücher hat uns vor besondere Herausforderungen gestellt. So konnte unser Team zum Beispiel nicht mit den normalerweise 5 bis 6 Helfern antreten, sondern musste mehrere Sortiertermine mit jeweils nur 3 Helfern durchführen.
„Ein Kraftakt, aber wir haben es geschafft und ich freu mich wie jedes Jahr über die gelungenen Kalender. Besonders in den Grundschulklassen immer eine tolle Aktion, denn hier lesen die Kinder mit großer Begeisterung schon selbst,“ so Karin Gehlen-Düring.
Wer zukünftig die Aktion unterstützen möchte, kann dies sehr gern tun; es werden immer neue Mitglieder für unser freundliches Team gesucht.
Rheinbach liest digital: „Das Weihnachtsmannprojekt“
In der Adventszeit lesen 24 Menschen aus und um Rheinbach das berühmte Kinderbuch der preisgekrönten Autorin Silke Lambeck: „Das Weihnachtsmannprojekt“. Die 24 Kapitel des literarischen Adventskalenders können ab Dienstag, den 1. Dezember, an jedem Tag neu kostenlos im Internet angesehen werden.
„Die Adventszeit ist ideal zum Vorlesen“, findet unsere 1. Vorsitzende Monika Flieger. „Da wir derzeit keine normalen Veranstaltungen durchführen können, wollen wir die Rheinbacher und andere Familien in der ganzen Welt digital unterhalten.“
Vom renommierten Gerstenberg-Verlag haben die Bücher-Enthusiasten die adventlichen Lesungsrechte an einem modernen Kinderbuch-Klassiker erworben. In „Das Weihnachtsmannprojekt“ erzählt die preisgekrönte Berliner Autorin Silke Lambeck humorvoll und warmherzig von den Weihnachtsvorbereitungen der Familie des 12-jährigen Paul: Die weihnachtsverrückte Oma fängt gerne schon im August mit der Planung an, seine kleine Schwester Frida droht den Glauben an den Weihnachtsmann zu verlieren und Pauls Eltern wollen in diesem Jahr mal „ganz anders“ feiern. Das geht ja gar nicht! Und dann gibt es noch Nele aus seiner Schule, bei der Paul immer Schmetterlinge im Bauch hat. Ob die so einen Weihnachtsretter wohl cool genug findet?
„Das ist ein richtig schönes Familienbuch“, findet auch Schauspielerin Charlotte Welling, die mit einer freundlichen Anfrage den Impuls zu dem Projekt gegeben hatte. Natürlich wird auch sie ein Kapitel übernehmen. Genauso wie die Bühnen-Profis Michael Baute, Eva-Marianne Kraiss, Christina Stephan, Julius Esser und viele mehr. Alle haben sich in den vergangenen Jahren um Rheinbach-Liest-Bühnenformate verdient gemacht.
Neben ihnen und den Rheinbacher Vorlese- und Schulsiegern kommen auch „normale“ Vereinsmitglieder und Rheinbacher Prominente sowie Vertreter von Vereinen und Einrichtungen zum Zuge. „Die Rheinbacher sollen durchaus ein wenig gespannt sein, wer jeweils hinter dem Türchen wartet“, erklärt Monika Flieger. „Das Prinzip ist dabei immer gleich: Rheinbach liest.“ Schließlich verrät Flieger doch, wer beim 1. Kapitel am Mikrophon sitzt: Keine Geringere als die Deutschlandsiegerin im Vorlesen von 2018, Victoria Schaay.
Den Link mit dem jeweils neuen Video gibt es vom 1. bis zum 24. Dezember jeden Tag auf der Facebook- sowie Internet-Seite des Vereins zur Leseförderung, der im kommenden Jahr schon 10 Jahre alt wird. „Und wenn es gut läuft, dann hat am Heiligen Abend nicht nur Paul das Weihnachtsfest für seine Familie gerettet, sondern alle Rheinbacher auch eine schöne Adventszeit gehabt“, hoffen Monika Flieger und ihre Vorlesefreunde.
Neunter BUCHADVENTSKALENDER benötigt Unterstützung
RHEINBACH LIEST sammelt trotz oder gerade wegen „Corona“ wieder gut erhaltene Kinder- und Jugendbücher
Ihre Hilfe ist gefragt - Wir benötigt dringend noch Buchspenden für die Aktion Buchadventskalender.
Auch in diesem Jahr sammeln wir wieder gut erhaltenen Kinder und Jugendbücher, um sie dann - von fleißigen Helfern gesichtet und aufbereitet – teilnehmenden Tageseinrichtung und Schulen zu spenden. Diese gestalten dann daraus für ihre Gruppen oder Klassen den Buchadventskalender.
Corona-bedingt mussten wir in diesem Jahr auf einige Buchspenden verzichten, die wir sonst auf Flohmärkten und Kinderbörsen erhalten haben. Daher sind die Sammeltermine in diesem Jahr umso wichtiger für uns.
Die nächsten und vorerst letzten beiden Sammeltermine sind in der Raiffeisenpassage am 24. Oktober und am 07. November 2020, jeweils von 10.00 bis 13.00 Uhr. An diesen Terminen können Sie Ihre Spende von gut erhaltenen Kinder- und Jugendbüchern gerne direkt bei uns abgeben.
Sollten Sie zu den Sammelterminen keine Zeit haben - kein Problem - Sie können Ihre Buchspende auch in der Buchhandlung Kunterbunt in der Weiherstraße während der Öffnungszeiten abgeben.
Darüber hinaus haben Sie in diesem Jahr die Gelegenheit, in einer der beiden Rheinbacher Buchhandlungen (Kunterbunt oder Kayser) Bücher an einem gesonderten Tisch/ Regal zu kaufen und direkt vor Ort für den Buchadventskalender zu spenden.
Damit tragen sie einen wesentlichen Beitrag dazu bei, dass auch in diesem Jahr jedes Kind mit leuchtenden Augen ein Buch zu Weihnachten erhält.